Die Antriebskraft für meine künstlerische Arbeit ist die innere Notwendigkeit, die Erfahrungen meiner Vergangenheit und Gegenwart in eine Symbiose zu bringen. Alles Erahnte und Erschaute ist mir Mysterium. Farbe und Form versetzen mich nicht nur in Euphorie, sondern geben mir die Möglichkeit, Statik und Bewegung in ein Gleichmaß zu bringen. – Und immer geht es mir dabei um die Würde des Menschen und des Menschseins, um Form und Haltung. Robert Hammerstiel
Mit Einzelausstellungen wiederholt vertreten in folgenden Galerien:
Seit 1983 zahlreiche Beteiligungen an: Ausstellungen, Messen, europäischen (Grafik-)Biennalen und Triennalen sowie Symposien im In- und Ausland.
Der gelbe Besuch. Ausstellung im österreichischen Kulturforum Bratislava, 2022
Innerhalb der österreichischen Kunst fällt Robert Hammerstiel auf durch die eigenwillige Kombination einer existentialistischen Malerei mit einem abstrakt-figurativen, flächigen Stil und einem grell-leuchtenden Kolorit sowie monochromen Silhouettenfiguren.
Zentrales Thema von Hammerstiel war von Anfang an die Auseinandersetzung mit dem Elementaren, dem Mysterium des Lebens, das ihn zu einer reduzierten, klaren Formensprache führte. Nicht nur mit seinen frühen farbreduzierten Bildern, sondern auch mit seinen extrem-farbigen Arbeiten spricht er Themen wie Tod, Angst, Freiheit und Verantwortung als elementare menschliche Erfahrungen an. Obwohl eine religiöse Grundhaltung zugrunde lag, stand für Hammerstiel immer der einzelne Mensch und sein Schicksal im Vordergrund. Am eigenen Leib erfahrene traumatische Erlebnisse, wie psychisches und physisches Leid, Einsamkeit, Angst, Entbehrung, Gewalt, aber auch das Erleben von Freundschaft, Nächstenliebe und Mitgefühl waren für Hammerstiel wichtige Voraussetzungen für seine intensive, humane Kunst.
Beim Durchschauen seiner Bilder für die Zusammenstellung dieser Ausstellung fiel mir auf, dass über die Jahre innerhalb seines immensen Werks – er hat bis zuletzt gemalt – zahlreiche Bilder zum Thema „Besuch“ entstanden sind – im Übrigen ein beliebtes Thema in der Kunstgeschichte. Begegnungen, Gespräche und Beziehungen prägten ihn nicht nur künstlerisch, sondern auch privat in besonderem Maß. So war sein Atelier das, was man im klassischen Sinn unter einem Maleratelier versteht: ein immer für alle Besucherinnen und Besucher offener, lebendiger, durchaus auch kontroverser Diskussions-, Arbeits- und Präsentationsort seiner Werke. Der Titel der Ausstellung, „Der Gelbe Besuch“, stammt von einem hier auch präsentierten Bild von 1989. Ich stelle es auf Grund seiner signalhaften Wirkung und als typisches Beispiel seiner Kunst in den Vordergrund. Die Ausstellung zeigt innerhalb dieser Thematik und aus einem großen Fundus eine Auswahl von 15 Gemälden von der ersten Hälfte der 1980er-Jahre bis 2020.
Ein Besuch – das vorübergehende Kommen einer Person, die Begegnung, das Miteinander und das Gespräch – ist grundsätzlich ein Spannungserlebnis zwischen freudigem Ersehnen und ängstlichem Erwarten oder Überrascht-Werden, zwischen Inspiration und Kontroverse, Distanz und Nähe, Empfang und Abschied. Im „Gelben Besuch“ empfängt oder verabschiedet eine rote Figur eine große gelbe, streckt ihren Arm nach ihr aus, bleibt aber auf Distanz. Die Begegnung dieser anonymen, auf Silhouetten reduzierten Personen ist wie auf einer Art Bühne angeordnet. Wie hier hat Hammerstiel auch in einigen anderen Bildern die Dualität eines Besuchs, die Spannung der Emotionen, Bewegungen und Beziehungen, in eine dynamische Farb- und Formkomposition übersetzt.
Die meisten der hier ausgestellten Bilder sind Interieurs, manchmal auch Begegnungen an der Tür, Situationen zwischen drinnen und draußen. Hammerstiels stellte sich Fragen zum Verhältnis von Raum und Mensch, formal und inhaltlich. Wie wird ein Raum aufgeteilt? Wie verhalten sich die Figuren zueinander und zu ihrer Umgebung? Welche Rolle spielen Farbe und Form? Wie weit kann die Form noch vereinfacht und gleichzeitig verklärt und mystifiziert werden? Wie kann immer wieder neu kompositorische Spannung erreicht werden, ohne die Harmonie einer Manieriertheit zu opfern? Und wie kann man mit dem Raum menschliche Gefühle ausdrücken? Der Raum ist in einigen Bildern durch Situationen an Tischen bestimmt, Menschen sitzen sich gegenüber. Aber vielfach bleibt der Raum auch undefiniert, Wände ohne architektonische Ordnung schieben sich ins Bild, scheinen zu schwanken, Menschen bewegen sich dazwischen. Die Bilder strahlen sehr oft eine geheimnisvolle Stimmung aus, was dem Künstler – der zwar die Farbigkeit der amerikanischen Pop Art aufgriff, aber deren Kühle verneinte – ein großes Anliegen war.
Bei seinen Bildern der ersten Hälfte der 1980er-Jahre ist die Farbgebung auf Grün, Schwarz, Weiß und Grau reduziert; die Stimmung ist meist ernst und gedrückt. In dem Bild „Besuch am Abend“ sitzen Gestalten in schwarzen Gewändern und mit maskenhaften Gesichtern an einem Tisch; es herrscht eine Stille, die voller Unruhe ist. Durch eine Lampe werden die Schatten der Dargestellten an die Wände geworfen. Diese Schatten wirken wie zweite, bedrohliche Personen, die im Hintergrund lauern. Ein auch aus dieser Zeit stammendes Bild – „Die Erwartung“ – zeigt eine sitzende, nach vorne gebeugte, mit einem schwarzen, langen Gewand bekleidete Frau, deren Gesicht noch maskenhafter ist, da die Augen völlig fehlen. Sie scheint in Erwartung einer vielleicht unheilvollen Nachricht oder gar des Todes zu sein.
Einige Bilder beruhen auf Erinnerungen an tragische Erlebnisse in der Jugendzeit im Banat, wie beispielsweise das Bild „Ein transzendenter nächtlicher Besuch am Abend“ von 2011. Dies ist ein Rückblick auf das Weihnachtsfest 1946 in Serbien, wo die Mutter des Künstlers – mystifiziert als leuchtend gelber Engel – ihn und seinen Bruder nach längerer Trennung erstmals besuchen durfte. Ein Bild sticht formal aus den anderen heraus: „Nächtlicher Kinderbesuch“ (2002). Der Raum ist bis auf wenige Requisiten in Schwarz gehalten. In einer grell-orangen Fensteröffnung steht wieder die Mutter, hier als schwarze Silhouettenfigur. Unten sind die beiden Buben zu sehen, die zu ihr hinaufschauen, schemenhaft, aber realistischer aufgefasst als die anderen Figuren von Hammerstiel. Eine Situation zwischen Distanz und Nähe.
Viele Bilder in Hammerstiels Werk tragen den Titel „Besuch von außen“. „Von außen“ ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit bei einem Besuch, kann hier aber als Akzentuierung der gesteigerten Erwartung verstanden werden: Wer/was kommt von außen? Was bringt er/sie Neues mit, eine gute oder schlechte Nachricht?
Die ausgestellten Gemälde umfassen nur einen Bruchteil von Hammerstiels großem Werk. Sie zeigen auch sehr schön die Entwicklung seines Stils und seiner Farbpalette – von der farblich zurückgenommenen Malerei über die flächig-reduzierte, grellfarbige Zeit bis hin zu einer sich immer mehr auflösenden Strenge der Form in den letzten Jahren.
Petra Noll-Hammerstiel, Kuratorin, Kunsthistorikerin, 2022
Auszug aus der Eröffnungsrede
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Die angeführten Galerien vertreten das Werk von Robert Hammerstiel bereits seit vielen Jahren. In regelmäßigen Abständen zeigen sie auch nach seinem Tod Ausstellungen zu verschiedenen Schwerpunkten und Thematiken.
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Ausstellungen Robert Hammerstiel
01.bis 04. Galerie Laing, Münster 2018
05 bis 07. Galerie Laing, Münster 2023
08. und 09. Galerie Artecont, Wien 2018
10. Galerie Gerlich, Salzburg 2021